10. Die Mütze.
(Schmid.)
Die .Mutter sagte zu Gertrud und Karl: „Kinder, morgen
früh wollen wir mit der Post zur Großmutter fahren; aber ihr
müßt beizeiten aufstehen, denn ihr wißt wohl, der Postwagen
wartet nicht, und wer nicht zur rechten Zeit fertig ist, muß zu
Hause bleiben."
Die Kleinen jubelten, als sie das hörten. Den ganzen Tag
sprachen sie von nichts als von der bevorstehenden Reise und
freuten sich schon im voraus auf alle die Herrlichkeiten, die sie
bei der Großmutter erwarteten.
Nun aber war Karl ein recht unordentlicher Knabe. Sein
Spielzeug, seine Biicher, seine Kleidungsstücke warf er in allen
Winkeln umher, anstatt jedes Ding an den gehörigen Platz zu
legen. Wenn er in die Schule gehen sollte, mußte er gewöhnlich
erst Rechentafel und Schreibbnch suchen, versäumte deshalb öfters
die Zeit und wurde vom Lehrer bestraft. Wenn er mit dem
Vater spazieren gehen sollte, dann war gewiß auch immer seine
Kleidung in unordentlichem Zustande; bald hatte er ein Loch int
Rocke, bald war die Weste beschmutzt. Deshalb war der Vater
häufig gezwungen, ihn zu Hause zu lassen und allein zu gehen.
Weil Gertrud nun Karls Unordentlichkeit kannte, fragte sie ihn
noch am Abend vor der Reise: „Karl, hast du auch alle bcinc
Sachen zurecht gelegt, damit du sie morgen gleich finden kannst?"
— „Freilich, freilich!" erwiderte Karl und legte sich zu Bette.
Am andern Morgen sollte es fort gehen. Schon hörte man
das Posthorn von weitem, und sie sahen den Wagen vor dem
Posthause. Die Mutter und Gertrud eilten hinzu, und Karl
wollte folgen. Da bemerkte die Mutter, daß er keine Mütze
aufgesetzt hatte. „Schnell hole die Mütze!" rief ihm die Mutter
zu. Karl rannte ins Haus, suchte eine'weile, konnte aber die
Mütze nicht finden. „Sie ist nicht da!" rief er, „ich muß ohne
sie fahren." Die Mutter aber litt es nicht. „Nein," sagte sie,
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Extrahierte Personennamen: Schmid Gertrud Karl Karl Karl Karl Gertrud Karls Karl Karl Gertrud Karl Karl Karl Karl
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108. Der aufgeblasene Frosch.
(Curtman.)
Der Frosch befand sieh in seinem Sumpfe ganz wohl*
dennoch beneidete er den Stier auf der Weide um seine
Grösse. Warum, sprach er, sollte ich wohl kleiner sein
als der dumme Ochse? Er hat vier Beine, ich auch; zwei
Augen, ich auch; und hüpfen kann ich besser als er. Ich
glaube, wenn ich mich ein wenig strecke, werde ich ihm
auch an Grösse gleichkommen. Er streckte sich und fragte
die andern Frösche: Bin ich jetzt so gross wie der Stier?
Die Frösche lachten: Du bist ein Zwerg gegen ihn! Das
ärgerte ihn noch mehr; er wollte es erzwingen und blies
sich aus allen Kräften auf. Ein bisschen dicker war er
dadurch geworden, aber er blieb doch immer nur ein Frosch.
Als er die andern zum zweitenmal fragte, lachten sie wieder
und sagten: Du bist ein Narr, sonst bliebest du, was du
bist, und was wir auch sind. Der eitle Frosch aber wurde
wütend und blies sich immer stärker auf, bis es endlich
die Haut nicht mehr aushielt und er zerplatzte. Da lag
nun der arme Tropf, der sich grösser hatte machen wollen,
als ihn der liebe Gott erschaffen hatte.
109. Das Meer.
(Hey.)
Das Meer ist tief, das Meer ist weit,
doch gehet Gottes Herrlichkeit
noch tiefer als des Meeres Grund,
noch weiter als das Erdenrund.
So viele Fischlein wohnen drin,
der Herr sieht freundlich auf sie hin.
Beicht allen ihre Speise dar,
führt ab und auf sie wunderbar.
So hoch die wilden Wogen gehn,
wenn er gebeut, sie stille stehn;
da führet seine treue Hand
das Schifflein hin ins fernste Land.
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Karoline öffnete das Fenster, an welchem der Sperling seit einiger
Zeit immer gesessen hatte. Der Vogel fühlte die freie Luft, er hielt den
Kopf in die Höhe und flog nach einigen Augenblicken ans den Rahmen
des Fensters. Hier sah er sich erst eine lange Zeit um und schien gar-
nicht begreifen zu können, wo er wäre; — dann flog er fort.
„Nun ist er fort, Mutter," sagte Karoline, die ihm nachgesehen hatte,
und hatte eine kleine Thräne im Auge.
„Nun wird ihm auch wieder wohl sein," antwortete die Mutter,
„und wenn er ein Mensch wäre, so würde er dir für seine Freiheit
danken.'
180. Der Kanarienvogel.
(Schmid.)
Christine bat ihre Mutter, ihr ein Kanarienvögelein zu kaufen. Die
Mutter sprach: „Du sollst eins bekommen, wenn tut immer recht folgsam
und fleißig sein wirst, besonders aber, wenn du deinen Vorwitz anfgiebst,
unnötige oder gar schädliche Dinge wissen zu wollen."
Christine versprach es. Eines Tages kam sie aus der Schule nach
Hause. Da sagte die Mutter: „Hier auf dem Tische steht ein neues
Schächtelchen, mache es bei Leibe nicht auf und rühre es nicht einmal an!
Wenn du mir folgst, werde ich dir eine große Freude machen."
Die Mutter ging hierauf fort, um den flehten kranken Wilhelm,
ihren Taufpaten, zu besuchen. Kaum war sie zur Thür hinaus, so hatte
das vorwitzige Mädchen das Schächtelchett schon in der Hand. „Es ist
so leicht," sagte es, „und in dem Deckel sind kleine Löcherchen; was mag
doch wohl darin sein?"
Sie machte das Schächtelchen ans und sieh! augenblicklich hüpfte ein
wunderschönes gelbes Kanarienvögelein heraus und flog freudig zwitschernd
in der Stube herum.
Christine wollte das Vögelein tvieder fangen und einsperren, damit
die Mutter nichts merke. Wie sie nun fast außer Atem und mit glühenden
Wangen das flinke Vögelein vergebens in der Stube herumjagte — trat
die Mutter herein und sagte: „Du ungehorsames, vorwitziges Mädchen!
Das schöne Vögelein wollte ich dir schenken; ich wollte dich aber zuvor
prüfen, ob bn es verdienest. Jetzt aber werde ich es dem guten Wilhelm
geben, der gehorsamer ttttb nicht so vorwitzig ist wie du."
Ein gutes Kind thut seine Pflicht,
sehn es auch gleich die Eltern nicht.
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Extrahierte Personennamen: Karoline Karoline Schmid Christine Christine Wilhelm Christine Wilhelm
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Endlich wollte er ein Koch werden. ,,Dem Koche,“ sagte er,
,,müssen Gärtner, Jäger und Fischer alles einliefern, was sie durch
ihren Fleiss gewinnen und es fehlt ihm nie an guten Bissen.“ Allein
er kam abermal mit Klagen nach Hause. „Es wäre alles gut,“ sagte
er, ,,wenn nur das Feuer nicht wäre. Wenn ich so am flammen-
den Herde stehe, so ist's mir nicht anders, als müsste ich vor Hitze
verschmelzen.“
Allein der Vater gab es nun nicht mehr zu, dass Philipp zum
fünften Male ein anderes Handwerk wähle, sondern sprach vielmehr
in grossem Ernste: ,,Wenn du zufrieden leben willst, so musst du die
Beschwerden des Lebens mit männlichem Mute ertragen lernen. Wer
allem Unangenehmen ausweichen wollte, das die vier Elemente hie
und da für uns haben, der müsste aus der Welt hinaus gehen. Denke
nur lleissig an das Gute, an dem es deinem gegenwärtigen Stande
gewiss nicht fehlt, so werden dir allmählich seine Mühseligkeiten gering
erscheinen.“
Philipp folgte seinem Vater, und wenn späterhin andere Leute
klagten, beruhigte er sie, indem er sagte: ,,Ich hab’s erfahren, was
das heisst:
Geniesse, was dir Gott beschieden,
entbehre gern, was du nicht hast;
ein jeder Stand hat seinen Frieden,
ein jeder Stand hat seine Last.“
244. Der Gikgak.
(Wiederholds Fibel.)
Ein dummes Gänschen mochte zu Hause nichts lernen. Es
meinte, wenn es auf Reisen ginge, würde es klug werden, wie der
Sperling, und singen können, wie die Lerche. Daher machte es sich
auf und flog über den Rhein in das Land, wo man französisch spricht.
Dort frass es Rüben und schnatterte, wie zu Hause, und wenn es
etwas Neues sah, machte es einen langen Hals.
Als ein Jahr um war, dünkte es sich klug genug zu sein und
kehrte nach Hause zurück. Aber niemand wurde etwas von seiner
Klugheit gewahr, und die Leute sagten:
Es flog ein Gänschen über den Rhein
und kam ein Gikgak wieder heim.
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Extrahierte Personennamen: Fischer Philipp Philipp Philipp Philipp